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„Man muss wissen, wie das Gesamtsystem funktioniert“ – Eisenbahnbetriebsleiter bei start

„Man muss wissen, wie das Gesamtsystem funktioniert"

Als Eisenbahnbetriebsleiter hat Daniel in punkto Sicherheit, Betrieb und Regelwerk bei start den Hut auf. Was alles darunter passen muss, erläutert er im Interview und verrät, was er und seine Kolleg:innen sich wünschen würden, wenn sie einen Wunsch frei hätten.

Ein Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) kann jeder gründen. Aber ohne Eisenbahnbetriebsleiter:in braucht man gar nicht erst anzufangen, weil man dann den Betrieb nicht aufnehmen darf, oder?

Genau. Als Eisenbahnbetriebsleiter stelle ich dem Unternehmen meine Sachkunde zur Verfügung und bin im Unternehmen für die sichere Durchführung des Eisenbahnbetriebs verantwortlich. Kurzum: Eisenbahnbetriebsleiter:innen beraten den Unternehmer in allen Fragen, die den Betrieb oder die Sicherheit der Eisenbahn betreffen.

Wenn mal ein Audit stattfindet oder etwas schiefläuft, klopfen die Behörden also zuerst bei dir an?

Richtig. Ich halte auch den Kontakt mit den Aufsichtsbehörden, also dem Eisenbahnbundesamt, der Bundesstelle für Eisenbahnuntersuchung, eventuell auch mit der europäischen Eisenbahnagentur und der Bundes- oder Landespolizei.

Du hast also nicht nur mit der technischen, sondern auch den regulatorischen und gesetzlichen Seiten des Eisenbahnbetriebs und den entsprechenden Behörden zu tun?

So ist es. Schließlich bin ich auch für das Sicherheitsmanagementsystem im Unternehmen verantwortlich, mit dem wir unsere Arbeitsprozesse beschreiben. Das wird alle fünf Jahre vom Eisenbahnbundesamt oder der Europäischen Eisenbahnagentur überprüft, ob es den aktuellen nationalen und europäischen Anforderungen entspricht, und nach bestandener Prüfung erhält man dann eine Sicherheitsbescheinigung. Außerdem kommt das Eisenbahnbundesamt bei uns einmal im Jahr zum geplanten Audit vorbei, führt aber hin und wieder auch unangekündigte Überprüfungen im Betrieb durch.

Als EVU ist start auf Gleisen oder an Bahnhöfen unterwegs, wo nicht du, sondern andere den Hut aufhaben. Lassen sich die Verantwortungsbereiche in der betrieblichen Praxis überhaupt immer so glasklar voneinander abgrenzen?

Diese Schnittstellen sind in den EU-Verordnungen ganz genau beschrieben und die daraus resultierenden Anforderungen müssen wir dann mit unserem betrieblichen Sicherheitsmanagementsystem erfüllen. Das sind dann zum Beispiel genormte Schnittstellen zu Infrastrukturunternehmen wie der DB Netz AG, aber auch zur Instandhaltung der Fahrzeuge. Wir haben ja parallel noch eine Instandhaltungsstellenbescheinigung, die für die Instandhaltung eigener, aber auch fremder Fahrzeuge erforderlich ist. Denn manchmal fahren wir ja auch Fahrzeuge, die von Aufgabenträgern bereitgestellt werden – in Niedersachsen beispielsweise oder im Taunus.

Dafür muss man aber weit über den betrieblichen Tellerrand hinausblicken können, oder?

Genau deshalb umfasst die Prüfung zum Eisenbahnbetriebsleiter eben nicht nur die Fachkunde über den Betrieb, sondern auch die der Infrastruktur, der Fahrzeuge, sowie Recht und BWL. Das ist nötig, weil man verstanden haben muss, wie das Gesamtsystem funktioniert. Man muss eben genug wissen, um sich mit Fachleuten anderer Zuständigkeitsbereiche austauschen und so die Zusammenarbeit der Eisenbahnen sicherstellen zu können.

Bedeutet das im Umkehrschluss auch, dass du in EVU aller Art arbeiten könntest, weil dein Wissen über alle unternehmerischen Unterschiede hinweg gefragt ist?

Ja, so ist es. Ich könnte auch zu einem Güterverkehrsunternehmen oder auch zu einem Infrastrukturbetreiber gehen. Dort braucht man zwar keine Sicherheitsbescheinigung, sondern eine Sicherheitsgenehmigung. Die funktioniert von der Systematik her genauso, basiert ebenfalls auf den Vorgaben der EU, bildet aber eben die andere Seite der Schnittstelle ab.

start bedient Verkehre in unterschiedlichen Regionen Deutschlands. Wie stellst du sicher, dass die festgelegten Regeln und Verfahren eingehalten und Prozesse so umgesetzt werden, wie sie beschrieben worden sind?

Vieles lässt sich aus der Frankfurter Zentrale heraus online über installierte Kommunikationssysteme erledigen. Davon abgesehen hat sich rund um das Thema virtuelles Arbeiten natürlich auch bei uns in den vergangenen drei Jahren sehr viel getan. Trotzdem verzichten wir nicht auf den regelmäßigen Austausch vor Ort, sondern fördern ihn aktiv: In jedem Netz gibt es einen sogenannten Local Safety Manager, der/die als örtlicher Betriebsleiter:in meine Interessen wahrnimmt und das Sicherheitsmanagementsystem im Auge behält. Ich kontrolliere aber auch selbst stichprobenartig, beispielsweise die Triebfahrzeugführer:innen.

Dabei immer die richtige Balance zwischen Kooperation und Kontrolle zu finden, stelle ich mir schwierig vor.

Ich bin auch Triebfahrzeugführer, kenne also die Perspektive der anderen Seite und fahre gelegentlich selbst mal einen Zug durch die Netze, in denen start unterwegs ist. Ich entscheide also nicht nur nach Aktenlage, sondern kenne die Verhältnisse vor Ort auch aus eigener Anschauung. Ich glaube, das schafft bei den Mitarbeiter:innen vor Ort ein ganz anderes Verständnis für meine Arbeit.

Wenn du als Eisenbahnbetriebsleiter einen Wunsch frei hättest – was wäre das?

Ich glaube, es wäre ein Wunsch, den ich mit zahlreichen Kolleginnen und Kollegen teile: Dass wir im Eisenbahnbetrieb weniger Störungen haben, um unseren Fahrgästen im laufenden Betrieb eine bessere Qualität bieten zu können.